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Lalibela – Zwischen Himmel und Hölle

Wer in Lalibela in Äthiopien ((Othdoxe) ) Weihnachten feiert, ist garantiert nicht allein. Als ich 2019 die Felsenkirche besuchte, waren dort noch 500.000 andere Pilger. Ein unvergleichliches Erlebnis.

Sankt Georg Kirche Lalibela, Äthiopien

Hier ein kurzes Video um Euch die Stimmung vor Ort zu zeigen:

Vor 3 Jahren war ich zu Weihnachten in Lalibela - ein unvergessliches Erlebnis:

Es ist sechs Uhr morgens und vor lauter Sorge, bei jedem Schritt auf irgendein menschliches Körperteil zu treten, traue ich mich kaum, einen Fuß vor den anderen zu setzen.

Weihnachten in Äthiopien - um genauer zu sein: christlich-orthodoxe Weihnachten in Lalibela - bedeutet 500.000 Pilger,

die in dieser heiligen Nacht Wache halten, um näher an Gott zu sein. Von Wache und wach kann bei den Menschen, denen ich gerade versuche, nicht auf Hände oder Füße zu treten, allerdings nicht die Rede sein. Das Areal vor den Kirchen in der Größe eines Fußballplatzes gleicht eher einem riesigen Matratzenlager, auf dem die Gläubigen dösen. Wir versuchen uns an den Felsrand über Bet Maryam (die Marienkirche) vorzuschieben, um einen Blick auf die Engel zu erhaschen, die im Sonnenaufgang von der Höhe die Geburt Christi verkünden werden.

Weihnachten in Lalibela, Äthiopien

Diesen Gesang müssen wir unbedingt live miterleben - meint zumindest unser Guide Hailu, der uns unbarmherzig aus den süßen Träumen geweckt und in die für mich alptraumhaften Menschenmassen gesteckt hat. Hailu sieht ein bisschen aus wie der junge Barack Obama – sein charmantes Lächeln lindert mein Unwohlsein. „Entspann dich …“ beruhigt er mich „hier ist seit dem Bau der Kirchen vor 900 Jahren noch keine Massenpanik aufgetreten.“


Trotzdem bin ich heilfroh, als wir nach einem Absperrgitter und über eine provisorische Metallbrücke endlich der Masse entkommen sind und hoch über der Kirche stehen. Dieser Felsrand, Himmel genannt, ist in Äthiopien nur für Engel und die noch wenigen Touristen reserviert. In diesem Fall ist er ein etwa zwei Meter schmaler Grat aus Buntsandstein, der die Kirchen Bet Medhane Alem und unser Ziel Bet Maryam trennt. Von hier kann man rechts und links 20 Meter hinab zu den aus dem Stein gemeißelten Gotteshäusern blicken. In der Nacht vom 6. Januar ist es eine Szenerie wie aus einer anderen Zeit: jeder Zentimeter ist mit Gläubigen belegt, die in die traditionellen weißen Umhänge gewickelt sind. Einige halten Kerzen und lesen in der Bibel, andere beten und wiederum andere sitzen mit geschlossenen Augen da, um dieses spirituelle Erlebnis, zu dem sie zu Fuß aus dem ganzen Land angereist sind, voll auf sich wirken zu lassen.

Pilger in Lalibela, Äthiopien

Am Vortag konnten wir die müden Pilger beobachten, die erschöpft aber glücklich in die 40.000 Einwohner große Stadt strömten. Seit dem 12. Jahrhundert wiederholt sich dieses Schauspiel Jahr für Jahr. Damals ließ König Lalibela angeblich in 23 Jahren alle elf Kirchen aus dem Stein hauen – tagsüber arbeiteten für ihn Menschen, nachts waren die Engel am Werk. Sein Ziel war es, seinen Untertanen die lange beschwerliche Pilgerreise in das weit entfernte Jerusalem zu ersparen, von der viele nicht zurückkehrten.

Und wenn die Äthiopier nicht nach Jerusalem gehen können, dann muss Jerusalem eben nach Äthiopien kommen,

dachte sich der König und erschuf eine zweite heilige Stadt. Mit oder ohne Engelshilfe wurden die Gebäude aus dem weichen Stein der Ebene herausgeschält und durch ein labyrinthartiges System aus Gängen und Tunneln verbunden. Der längste und dunkelste Gang heißt Hölle – in Kombination mit dem penetranten Geruch von Schweißfüßen trifft diese Beschreibung ziemlich ins Schwarze. Die eindrucksvollste monolithische Kirche ist dem heiligen Georg gewidmet. Aus der Vogel – Pardon, Engelperspektive zeigt ihr Grundriss die Kontur eines griechischen Kreuzes. Um diese Form sowie den Innenausbau von oben nach unten zu realisieren, muss der Architekt wirklich einen genialen Masterplan im Kopf gehabt haben. Außer der Georgskirche werden alle anderen Gebäude inzwischen von der UNESCO mit einer Dachkonstruktion vor äußeren Einflüssen gut, wenn auch nicht sonderlich hübsch, geschützt.

Klicke auf das erste Bild um die Fotostrecke zu starten:

Nachts sind ja bekanntlich alle Katzen grau, und so stören auch die Metallpfeiler in der Marienkirche nicht allzu sehr, als die Priester (sie werden die Engel verkörpern) sich singend auf ihren Weg in Richtung Himmel machen. Schwerer Weihrauchduft liegt in der Luft und nur durch Kerzenflackern werden die pompös angezogenen Kirchendiener erhellt. Goldene Schirme, funkelnde Kreuze, aufsteigender Rauch, Trommeln und das rhythmische Klimpern der Sistrum-Rasseln – eine lange Reihe von Priestern zieht an uns vorbei zu den beiden Stirnseiten des Gotteshauses. Als die ersten Sonnenstrahlen ihre Gesichter in Licht baden, steigen die Gesänge nochmals zu einem Crescendo an. Unten im Kirchhof tanzen die Hirten (die Gläubigen) und oben auf der Felswand singen die Engel. Da bleibt kein schlafendes Auge geschlossen … wo vorher noch die Pilger selig schlummerten, ist jetzt alles vollgepackt mit betenden Menschen, sogar auf den spärlich gesäten Bäumen sitzen dichtgedrängt Wallfahrer, um einen besseren Blick auf das Spektakel zu bekommen.


Und ich? Ich stehe sprachlos zwischen Pilgern, Engeln und Hirten und warte darauf dass mir der Heiland erscheint, denn was könnte sonst noch diese Szenerie toppen?


Info:

Sicherheitshinweis: Die beschriebene Reise fand 2019 statt – für Äthiopien gibt es momentan vom auswärtigen Amt eine Reisewarnung. Auch in der Gegend von Lalibela bei den Felsenkirchen herrscht derzeit Bürgerkrieg.

Anreise nach Äthiopien

Mit Ethiopian Airlines täglich in sieben Stunden nach Addis Ababa ab ca. 550 Euro. Wer mit Ethiopian den internationalen Flug bucht, bekommt die Inlandsflüge billiger. Mehrmals täglich für ca. 80€ weiter nach Lalibela. www.ethiopianairlines.com

Übernachtung:

Wir haben im Cliff Edge Hotel gewohnt. Die Unterkunft ist ungefähr 10 Minuten von den Kirchen enfernt und thront auf einer Klippe.

Doppelzimmer mit Frühstück ca 60€.

Restaurants:

Ben Abeba ist wohl das spacigste Restaurant das Äthiopien zu bieten hat. Wie ein gigantisches Raumschiff, dass auf einer Klippe gestrandet ist, thront es am nordöstlichen Stadtrand.


Kirchen

Es gibt eine zentrale Ticket-Office für alle UNESCO geschützten Kirchen. Der Eintritt kostet 50$ und ist für 5 Tage gültig.


Lalibela Eco Trekking

Organisiert alles vom Inlandsflug, Transport, Verpflegung, Hotel bis hin zum englischsprachigen Guide. Das Rundum-sorglos-Paket für 2 Tage Sightseeing in Lalibela incl Übernachtung kostet 247$. Wir haben hier unsere komplette Äthiopienreise von Deutschland aus gebucht.


Hier alle meine Blogs zu Äthiopien:



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