„Hier kommt unsere Seufzerbrücke. Über die müssen die Studenten des St John College gehen, um ihre Prüfungen abzulegen, da ist natürlich der ein oder andere Seufzer zu hören“ … grinst Alex und stakst seine Besucher weiter am Trinity und King‘s College vorbei.
Der Bootsführer sieht aus wie ein Hobbit und spricht nur in Reimform. Er kennt alle Sehenswürdigkeiten, die man vom Wasser aus betrachten kann. Im altehrwürdigen Cambridge ist ein schmaler Kahn das Transportmittel der Wahl. Studenten verdienen sich in den Sommerferien ihren Lebensunterhalt, indem sie Besucher auf dem Fluss Cam an den weltberühmten Colleges mit den Stechkahn vorbei staksen. Die Bögen der Brücken, die den Fluss überspannen, sind sehr niedrig und er biegt sich artistisch, um in dieser Lage trotz seines behäbigen Körperbaus elegant auszusehen. Wer sich wenigstens für eine kurze Zeit unter die lange Liste von berühmten Persönlichkeiten mischen will, die in Cambridge studiert haben, ist hier genau richtig – keine andere Universität hat mehr Nobelpreisträger hervorgebracht. Sprachreisen in Südengland sind nicht nur etwas für Jugendliche - Das ganze Jahr über können sich hier auch Erwachsene, die ihr Englisch auffrischen oder verbessern wollen, in diversen Sprachschulen einschreiben - Englisch wird heute in vielen Berufen vorausgesetzt. In speziellen Business-Kursen werden Themen wie Kommunikation am Arbeitsplatz, Meetings, Verhandlungstechniken, Schriftverkehr im Geschäftsleben oder Präsentationen angeboten.
„Mein Englisch war ganz in Ordnung, aber ich hätte mich nicht getraut, mich mit internationalen Kunden an einen Verhandlungstisch zu setzen. Hier kann ich mein etwas angestaubtes Schulenglisch auffrischen und noch dazu die lebendige Atmosphäre der Stadt genießen“ erzählt Gerhard aus Stuttgart , der gerade in einem der gemütlichen Tea-Rooms der Stadt eine Tasse Tee mit „a drop of milk“ genießt … auch englischen Lebensstil nehmen Sprachschüler so „on the go“ mit.
„Heute muss man einfach englisch sprechen können – ohne kommt man später im Beruf nicht weiter.“ In Brighton nimmt Emma aus Berlin an einem Abiturvorbereitungskurs teil. Mit acht anderen Schülern aus ganz Deutschland büffelt sie 30 Stunden in der Woche im trubeligen Seebad. „Mit dem Englischunterricht in der Schule hat das hier aber nicht so viel zu tun“ erzählt sie „hier kommunizieren wir viel mehr und verlieren so die Angst, englisch zu sprechen. Der ganze Unterricht ist viel interaktiver.“ Gerade spielt sie mit ihren Klassenkameraden ein Spiel, bei dem sich aus verschiedenen Würfelwürfen Frage-Kombinationen ergeben. Die Frage, die sie gestellt bekommt „Was würdest Du machen, wenn Du Präsident wärst?“.
1815 war George IV zwar nicht Präsident, aber dafür der Prinz von Wales. Er baute den berühmten „Royal Pavillion“ in Brighton. Außen gleicht er einem gigantischen indischen Palast, während die Innenräume auch dem chinesischen Kaiser dieser Zeit bestimmt gefallen hätten. Riesige Küchen, mit Gold und Drachen verzierte Speisesäle, dicke Teppiche und ein Geheimgang zum Pferdestall – angeblich war der inzwischen gekrönte George IV so dick, dass es ihm peinlich war, von seinen Bediensteten beim Laufen gesehen zu werden. Wie sein Pferd mit seiner Leibesfülle zurecht kam, ist nicht berichtet …
„Eigentlich sollte ich mich bei Jeremy Clarkson bedanken … Kennt ihr Top Gear?“ Okan Isov schaut die Schüler erwartungsvoll an, als er ihnen das Gelände von Winchester zeigt. Offensichtlich ist er vom schrulligen Ex-Moderator der Kult-Autosendung und seinem direkten und mit humorvollen Spitzen durchtränkten Stil begeistert. „Als Jugendlicher liebte ich die Serie und schaute jede Folge die es - im Internet aber nur auf englisch - gab. Dadurch habe ich so gut englisch gelernt, dass ich in meinem Heimatland Bulgarien einen Wettbewerb gewann, dessen erster Preis ein Stipendium für eine Summer School in England war.“
Okans Geschichte ist eine Erfolgsgeschichte: Er liebte das britische Leben von Anfang an so sehr, dass er mit Begeisterung nicht nur die Sprache, sondern auch die Kultur in sich aufsog. Seine Lehrer bei der Sprachreise waren ebenfalls von ihm beeindruckt. Im nächsten Sommer kam er wieder – dieses Mal als Mitarbeiter. Inzwischen studiert Okan, wenn er nicht gerade bei der Sprachschule einen Ferienjob hat, in Bulgarien Medizin und arbeitet hart an seinem Traum, nach dem Studium in England zu arbeiten.
Natürlich wollen die Kinder und Jugendliche in ihren Sommerferien nicht nur trocken Englisch lernen, sondern vor allem auch Land und Leute kennen lernen und Spaß haben.
Okans Kumpel Josuha Sewell ist „Activity Leader“ - er organisiert Sportaktivitäten und Ausflüge (das weltberühmte Stonehenge ist beispielsweise nur einen Steinwurf entfernt). Am College in Winchester gibt es eine Besonderheit: Hier kann man neben Englisch auch Tennis- oder Fußballunterricht erhalten. Joshua ist ausgebildeter Fußballtrainer, bei ihm stehen am Nachmittag neben Technik und Taktik das Spiel & der Spaß an erster Stelle. “Fußball ist ideal, um die verschiedenen Nationalitäten zusammen zu bekommen. Im Prinzip ist es ein einfaches Spiel, das jeder sofort versteht und für das man nicht viel braucht außer ein bisschen Platz, zwei Tore und einen Ball. Alleine kommst du nicht weit, und so müssen die Kinder miteinander kommunizieren, um zu gewinnen. Aus einzelnen Jugendlichen aus China, Ukraine, Italien, Frankreich und Deutschland wird so schnell ein Team, das sich -wie selbstverständlich – auf Englisch zuruft. Diese Entwicklung zu beobachten ist für mich immer wieder faszinierend.“
Gerda aus München ist ganz froh, dass sie mit ihren 60 Jahren nicht mehr Fußball spielen muss, um ihre englischen Sprachkenntnisse zu verbessern. Sie hat eine Busreise durch Südengland gebucht, bei der die Sprache sozusagen „on the road“ näher gebracht wird. „Man ist nie zu alt, um etwas zu lernen! Und hier im geschichtsträchtigen Ursprungsland dieser Sprache macht das doch 1000 mal mehr Spaß, als in einem stickigen Vorlesungszimmer“ erzählt sie fröhlich. Gerade steht sie vor der Tower Bridge und genießt mit ihren Mitschülern eine Unterrichtsstunde unter freiem Himmel. Bei den Grausamkeiten, die im weltberühmten Gefängnis schon begangen wurden, wäre es ihr vielleicht lieber, sie würde nicht jedes Wort verstehen!
Anreise:
Direktflüge von Frankfurt nach London Heathrow gibt es beispielsweise mit der Lufthansa für ca 100€ pro Person. In den Sommerferien steigen die Preise oft um ein vielfaches – frühes Buchen lohnt sich. www.lufthansa.de
Pauschal:
Sprachreisen nach England bietet beispielsweise LAL-Sprachreisen mit Sitz in München an, die zur FTI Gruppe gehört. Tel: 089 – 25252406, www.lal.de, 1 Woche Englisch Standardkurs mit 15 Lektionen pro Woche und Privatunterkunft mit Frühstück ab ca 500€.
Oder bei dem in Cambridge ansässigen Anbieter Select English, Tel:+44-(0)1223-323718, www.selectenglish.co.uk. 2 Wochen Intensiv Kurs mit 15h pro Woche, Privatunterkunft mit Halbpension ab ca 900€.
Übernachten:
Das Boutique-Hotel Alexander Pope in Twickenham – nur 20 Minuten mit dem Zug vom Zentrum Londons entfernt - bietet individuell eingerichtete Zimmer und ein gemütliches, luftiges Restaurant mit riesigem Wintergarten gegenüber der Themse. Doppelzimmer mit Frühstück ab 100€.
Cross Deep, Twickenham, Tel: +44 80)-20 8892 3050, www.alexanderpope.co.uk/
Das Brighton Harbour Hotel & Spa liegt direkt an der Promenade in Brighton. Die Zimmer zum Meer sind sicherlich nich die leisesten, aber dafür die schönsten in der ganzen Stadt. So wurde das Hotel 2017 von der Sunday Times als „Best place to stay“ gewählt. Doppelzimmer mit Frühstück und SPA Benutzung ab 100€.
64 King’s Rd, Brighton, Tel: +44 (0)1273 323221, www.harbourhotels.co.uk/hotels/brighton
Essen:
Das Restaurant „Chesil rectory“ ist in einem 600 Jahre alten Gebäude in Winchester untergebracht. In den stilvoll eingerichteten kleinen Räumen werden vom netten Personal moderne Klassiker der englischen Küche serviert.
1 Chesil St, Winchester, Tel: +44 (0)1962 851555, chesilrectory.co.uk
Insider-Tip:
Wer sich früh genug um die Tickets kümmert, kann kostenfrei Londons höchstgelegenen Garten besuchen. Die Glaskuppel des „Skygarden“ überspannt das 35., 36. und 37. Stockwerk des gleichnamigen Wolkenkratzers. Tickets unter: https://skygarden.london
1 Sky Garden Walk, London, Tel: +44 (0)207 337 2344